Strukturelle Herausforderungen
Shownotes
In dieser Folge möchten wir mit euch darüber sprechen und aufzeigen, wo die strukturellen Hürden und Herausforderungen für eine schnelle und unkomplizierte Umsetzung digitaler Barrierefreiheit in der Lehre liegen und mögliche Lösungsansätze aufzeigen.
Transkript anzeigen
00:00:06: Unsere Gesellschaft ist und wird zunehmend digitaler.
00:00:11: Neue und disruptive Technologien entwickeln sich in einem Niedergewesen im Tempo.
00:00:16: Denken wir nur einmal an die rasante Entwicklung von künstlicher Intelligenz.
00:00:20: Und trotzdem gibt es an vielen Stellen noch digitale Hürden, die betroffenen Personen das Leben erschweren und den Zugang zu barrierefreier Bildung für alle verhindern.
00:00:31: Doch woran liegt das eigentlich genau?
00:00:33: Und wer ist verantwortlich dafür, dass digitale Barrierefreiheit in der Lehre manchmal langsamer umgesetzt wird als von vielen gewünscht?
00:00:42: Damit begrüße ich euch zu einer neuen Folge von Hördelos statt Wördelos.
00:00:47: Heute möchten wir mit euch darüber sprechen, wo die strukturellen Hörden und Herausforderungen für eine schnelle und unkomplizierte Umsetzung von digitaler Barrierefreiheit liegen.
00:00:57: Und wir möchten euch mögliche Lösungsansätze aufzeigen.
00:01:03: Hürdelos statt Würdelos.
00:01:06: Ein Podcast vom Institut für digitale Ethik.
00:01:10: Menschen, die in der Lehre tätig sind, sei es im Universitären oder im schulischen Bereich, haben zumeist viele Aufgaben und einen sehr vollen Terminkalender.
00:01:21: Sie stehen vor dem Problem, ich möchte helfen.
00:01:24: Ich möchte niemanden von meiner Lehre ausschließen, aber... Es fehlt die Zeit, sich neben anderen To-dos mit digitaler Barrierefreiheit auseinanderzusetzen.
00:01:34: Und manche stellen sich vielleicht auch die Frage, kann ich das überhaupt?
00:01:37: und wie schwierig ist es, Inhalte barrierefrei zu gestalten?
00:01:42: Anja Gutja betont, wie wichtig es deshalb ist, Menschen zu sensibilisieren und Aufklärungsarbeit zu leisten, um mehr Wissen über das Thema zu vermitteln.
00:01:54: für viele das erst mal überhaupt ins Bewusstsein zu bekommen für die Lehrenden.
00:01:58: Ich glaube, dass man, gerade wenn man, also auch Lehrende waren ja davon betroffen, dass die Dinge tun mussten zum ersten Mal, dass die irgendwelchen Konferenzen arrangieren mussten.
00:02:09: Auch sie waren ja herausgefordert und mussten etwas umsetzen.
00:02:13: Und das ist zum Beispiel auch etwas, was wir in Schaffel von vornherein mit bedacht haben, auch wir können ja nicht sagen so.
00:02:21: Also es sind die Lehrenden, die hier nichts tun, sondern auch da ist etwas, es braucht Grundlagen, es braucht Kompetenzen, es braucht Wissen.
00:02:31: Und es braucht erst mal überhaupt diesen Fokus auf dieses Thema, also die Stichwort Sensibilisierung für diese Thematik.
00:02:41: Das ist, wenn man sich länger damit beschäftigt, Für unser eines schon selbstverständlich ist es aber gar nicht.
00:02:47: Also es gibt bestimmt Lehrende, die das schon irgendwie reflektieren und im Bewusstsein haben, aber ganz viele auch gar nichts.
00:02:56: Anja erklärt auch, dass der Faktor Zeit bei vielen Betroffenen eine große Rolle spielt.
00:03:02: Sie hält es für wichtig, dass digitale Barrierefreiheit deshalb von Anfang an auf einer strategischen Ebene berücksichtigt wird.
00:03:09: Aber es gibt vielleicht auch viele... denen das einfach zu viel ist, so sagen, ich habe dafür gar keine Zeit, ich habe dafür gar keine, ja, ich glaube der Zeitfaktor, das ist zum Beispiel auch etwas, was wir ja aus unserer Bedarfserhebung dann eben mit den Lehrenden festgestellt haben, viele sagen und das können wir ja auch sehr gut nachvollziehen.
00:03:28: Ich habe nicht noch mehr Möglichkeiten in meinem Alltag, das auch noch irgendwie unterzup- bringen und zu berücksichtigen, also dieser Zeitfaktor und dann aus dieser Überforderung heraus eine Ablehnung.
00:03:42: Auch das ist etwas, was schon etwas komplexer ist, weil das können wir ja nicht von uns aus herstellen, wobei wir in Schaffel auch genau diesen Punkt immer wieder versuchen aufzugreifen, gerade wenn, ich habe ja vorhin darüber gesprochen, das sind verschiedene Ebenen und das wäre zum Beispiel diese strukturelle Ebene oder sagen wir mal die strategische Ebene.
00:04:06: Dann es braucht natürlich, um etwas in einer Hochschule umzusetzen, bedarf es natürlich auch Engagement von oben, Engagement von Leitung.
00:04:17: Leitung, die sagt, ja, das ist für uns ein Thema.
00:04:20: Und wir wollen tatsächlich, dass unsere Hochschule barrierefrei ist, digital barrierefrei ist.
00:04:28: Und
00:04:29: deswegen bieten wir folgende Weiterbildungsmöglichkeiten an und da bekommt man dann auch wirklich Zeit, um diese durchzuführen.
00:04:40: Oder Mannschaft kleine Stellen, wo man Studierende... oder auch wissenschaftliche Mitarbeiterinnen einsetzt, die eben dann digitale Barrierefreiheit mit umsetzen und unterstützen und Lehrende zum Beispiel dabei unterstützen, ihre Lehre barrierefrei umzusetzen.
00:05:00: Also all das wären ja Schritte, die strategisch eingeleitet werden und würde dann Lehrenden auch helfen, sich eben diesem Thema auch widmen zu können.
00:05:12: Ein eng damit verbundenes Problem an Hochschulen ist vor allem auch die fehlende Agilität und der manchmal mangelnde Pragmatismus in der Umsetzung von neuen Dingen.
00:05:22: Es ist nun mal so, dass Hochschulen insgesamt als Institutionen noch nicht so agil sind.
00:05:28: Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Punkt.
00:05:30: Das ist das, was ich vorhin auch meinte mit dem ... Das muss von oben auch sehr viel ... passieren.
00:05:38: Es geht um Strukturen.
00:05:40: Es müssen sich Dinge grundsätzlich schneller auch ändern.
00:05:43: Und wenn Hochschulen insgesamt agiler wären und schneller auf Bedarfe reagieren könnten, dann könnte man auch viel stärker sagen, ja, na gut, dann machen wir das so, wenn wir versuchen... die Lernplattform so und so umzugestalten und so.
00:05:59: Und das dauert dann nicht zwei, drei Jahre, bis das dann endlich mal abgestimmt und umgesetzt und eingekauft und so weiter wird, sondern das müsste viel flinker passieren.
00:06:08: Also ich denke, das Änderungsprozesse, Veränderungsprozesse, so lange einen langen Anlauf brauchen, das ist auch immer sehr mühselig.
00:06:20: Und das führt dazu, dass man sehr, sehr lange an einem Thema dran bleiben muss, damit sich etwas ändert.
00:06:26: Ein weiteres Strukturproblem im Umgang mit Barrierefreiheit ist, dass die gesetzlichen Vorgaben im Hinblick auf Barrierefreiheit unterschiedlich ausgelegt und interpretiert werden.
00:06:36: An Katrin Böhm berichtet uns mehr darüber und sie verweist aber auch darauf, welche Ansätze und positive Beispiele es bereits gibt.
00:06:44: Also Hochschulen über Deutschland sind total... unterschiedlich aufgebaut, strukturell und auch, also es muss reingesetzt sich ja an jeder Hochschule eine Beauftragte oder einen Beauftragten für Studierende mit Behinderung geben.
00:07:01: Das ist aber ganz unterschiedlich ausgebaut, also ob das jetzt eine Vollzeitstelle ist oder ob das eine leeren Person ist, die ein bisschen Deputatsreduktion hat und dann mit zwanzig Prozent die Aufgabe übernimmt.
00:07:14: Das macht einen ganz großen Unterschied und Es gibt Hochschulen, zum Beispiel, oder Universitäten, die Uni Bielefeld, die ja auch mit im Projekt dabei ist, die haben ein komplettes Kompetenzzentrum, die ZAPP, also zentrale Anlaufstelle barrierefrei.
00:07:32: Da sammelt sich sozusagen die Kompetenz und das Wissen, was Barrierefreiheit anbetrifft.
00:07:36: Das heißt, das ist sowohl Anlaufstelle für Studierende und Lehrende und Mitarbeiter alle.
00:07:42: als auch von dort aus gehen ganz viele Fortbildungen, Weiterbildungen an die Lehrenden zum Beispiel wieder raus.
00:07:47: Und auch da wird zum Beispiel sowas geklärt, wie erstelle ich eine Prüfung barrierefrei?
00:07:54: und so weiter.
00:07:55: Niklas Egger sieht die oftmals fehlenden Kapazitäten zur Umsetzung von barrierefreien Lösungen ebenfalls als ein Problem.
00:08:03: Aber mit Blick auf die neuesten technischen Vortritte, gerade im Bereich der künstlichen Intelligenz, sieht er durchaus positiv in die Zukunft.
00:08:12: Und er sieht Chancen, wie wir mit Hilfe von KI effizienter und schneller ein barrierefreies digitales Umfeld schaffen können.
00:08:21: Ich denke, der erste Punkt ist, dass eben immer mehr Projekte, immer mehr Angebote geschaffen werden im Kontext der digitalen Barrierefreiheit, um sich zu informieren, um sich weiterbilden zu lassen oder zu können.
00:08:37: Das ist schon mal der erste große Schritt.
00:08:40: Man steht nicht mehr alleine da, man ist nicht mehr hilflos, man kann sich informieren und vor allem auch lernen.
00:08:48: Und natürlich ist ein großes Problem, dass man auch Zeit braucht zum Lernen und das ist sicherlich ein Problem für viele.
00:08:55: Daran arbeiten wir noch, daran müssen wir noch Wege finden.
00:08:58: Im besten Fall würde die Hochschule den Lehrenden Zeit ermöglichen, dass sie eben die Möglichkeit haben, sich weiterzubilden.
00:09:06: Da sind uns natürlich jetzt an die Hände gebunden, was wir bewirken können, aber wie schon gesagt, Informationen sind so essentiell und da gibt es heutzutage immer mehr, die werden immer besser.
00:09:19: Und wer weiß, vielleicht revolutioniert die KI-Welt auch barrierefreiheit und auf einmal muss man nur noch einen Knopf drücken und alles wird barrierefrei.
00:09:28: Das wird wahrscheinlich nicht in der nahen Zukunft passieren, aber ich bin mir sicher, dass auch hier Änderungen vorkommen werden, dass Tools besser werden, mit denen es ihnen leichter fällt, Dokumente oder andere Projekte barrierefrei zu machen.
00:09:44: Also ich bin sehr positiv gestimmt und ich hoffe auch natürlich, dass es so kommen wird.
00:09:50: Veränderung beginnt in kleinen Schritten, in einzelnen Arbeitsprozessen und in Gesprächen.
00:09:57: Aber sie braucht Menschen, die Verantwortung übernehmen wollen, und zwar besonders auf der Führungsebene.
00:10:04: Und gerade deshalb ist es so entscheidend, die Zuständigkeiten klar zu definieren und Verantwortung zu übernehmen.
00:10:11: Auch wenn es immer mehr Fortschritte und positive Beispiele zur digitale Barrierefreiheit gibt.
00:10:16: Es fehlen nach wie vor verbindliche Strukturen, Prioritäten und vor allem Ressourcen.
00:10:21: Denn viele Lehrende sind enttäuscht, wenn sie mit der Realität kollidieren.
00:10:26: Es gibt an vielen Hochschulen weder Zeit noch Unterstützung für eine barrierefreie Mediengestaltung.
00:10:34: Dabei ist Zeit selbst eine ethische Größe.
00:10:37: Denn wer keine Zeit hat, kann auch keine guten Lösungen entwickeln.
00:10:42: Damit verabschieden wir uns für heute und wir hören uns hoffentlich in der nächsten und letzten Folge wieder.
00:10:49: Dieser Podcast ist im Rahmen des Forschungsprojektes Schaffel entstanden.
00:10:54: Das Projekt Schaffel wird von der Stiftung Innovation in der Hochschulleere gefördert.
00:11:00: Moderation und Konzeption Susanne Kunert.
00:11:04: Konzeption, Produktion, Regie und technische Umsetzung Christoph Lang.
Neuer Kommentar